Eine Flut alter Bitcoins könnte den Krypto-Markt überschwemmen: Nach fast zehn Jahren bekommen geschädigte Anleger von Mt. Gox erste Kompensationen
Im Jahr 2014 ging die damals grösste Krypto-Börse der Welt, Mt. Gox, nach Cyberangriffen pleite. Nach einem langwierigen Verfahren können Gläubiger jetzt entscheiden, wie sie ihre verlorenen Vermögen zurückerhalten.
Geschädigte Anleger der untergegangenen Krypto-Handelsplattform Mt. Gox brauchten viel Geduld. Doch jetzt, nach fast zehn Jahren, gibt es Licht am Ende des Tunnels. Die Gläubiger können sich bis am 10. März entscheiden, auf welche Weise sie eine Rückerstattung erhalten wollen. Mt. Gox war in den Anfangszeiten der Krypto-Szene die mit Abstand grösste Bitcoin-Tauschbörse – sie wickelte 70 Prozent des weltweiten Handels ab und war damit weitaus dominanter als die führende Krypto-Börse Binance heute.
Ausfälle, Betrügereien und Cyberattacken gehörten zum Alltag der Krypto-Anleger. Schon im Verlauf des Jahres 2013 waren Rückzüge aus Mt. Gox schwierig, Ende Februar 2014 wurden sie schliesslich ganz eingestellt. Kurz darauf folgte der Insolvenzantrag bei einem japanischen Gericht, später auch in den USA. Mt. Gox war im Tokioter Shopping- und Vergnügungsviertel Shibuya beheimatet und wurde ursprünglich als Börse für die Sammelkarten des Fantasy-Spiels «Magic: The Gathering» gegründet.
Die Betreiber räumten ein, dass 750 000 Bitcoins von Kunden und 100 000 eigene über einen Hack gestohlen worden seien, zum damaligen Gegenwert von 470 Millionen Dollar. Heute wäre der gestohlene Bitcoin-Bestand rund 20 Milliarden wert. Mt.-Gox-Chef Mark Karpelès wurde 2015 festgenommen und später zu einer bedingten Haftstrafe verurteilt.
Warten oder zugreifen?
Es folgten jahrelange juristische Verfahren in Japan und den USA, zahlreiche Kundenklagen kamen aus dem Pool der schätzungsweise 127 000 Gläubiger. Das Insolvenzverfahren läuft seit nun fast zehn Jahren. Lange war unklar, welche Bestände und Vermögenswerte in die Konkursmasse fliessen werden – Parallelen zum im Herbst gestarteten Insolvenzverfahren der gescheiterten Krypto-Börse FTX sind offensichtlich.
Nach jahrelanger Arbeit hatten die japanischen Insolvenzverwalter im letzten Herbst einen Sanierungsplan für Mt. Gox vorgelegt, der den Geschädigten zwei Möglichkeiten bietet: Sie müssen sich bis zum 10. März entscheiden, ob sie einen Pauschalbetrag als Entschädigung wollen, der entweder in Bitcoin, Bitcoin Cash (BCH) oder japanischen Yen ausgezahlt wird. Oder sie warten auf den Abschluss des zivilrechtlichen Verfahrens mit der Aussicht auf eine möglicherweise höhere Rückzahlung in Cash. Das Verfahren könnte sich aber noch viele weitere Jahre hinziehen.
Um einen Grossteil der Kompensation in bar leisten zu können, müsste Mt. Gox derweil alte Bitcoin-Bestände verkaufen. Das Volumen der 850 000 entwendeten Token ist angesichts von 19,3 Millionen sich gesamthaft im Umlauf befindenden Bitcoins beträchtlich. Doch die Mt.-Gox-Verwalter haben lediglich einen Fünftel der Diebesbeute sichergestellt, was rund 142 000 Bitcoins entspricht, sowie Bestände in BCH und Yen.
Der Bitcoin hat sich seit der Mt.-Gox-Pleite massiv verteuert
Bitcoin-Preis in US-Dollar
Druck auf den Bitcoin-Kurs
Analytiker der Grossbank UBS weisen darauf hin, dass auch dieser deutlich kleinere Bestand einem substanziellen Anteil der durchschnittlichen Bitcoin-Zufuhr in den Bitcoin-Markt in den letzten Tagen und Wochen entspricht. Eine Zufuhr zusätzlicher Token habe in der Vergangenheit meist Druck auf den Bitcoin-Kurs ausgeübt, schreiben die Währungsexperten. Entscheidend, ob diese Flut alter Bitcoins in den Markt gelangen wird, ist die Frage, ob sich Mt.-Gox-Gläubiger für eine Auszahlung in Krypto- oder Fiat-Währung entscheiden.
Die UBS-Experten gehen davon aus, dass viele dieser «Early Adopters», die bereits in den 2010er Jahren in Krypto-Assets investiert haben, weiterhin an die Anlageklasse glauben und deshalb eine Auszahlung in Bitcoin wählen werden. Hinzu kommt, dass sich die Verluste für Gläubiger durch eine Krypto-Auszahlung minimieren lassen, denn der Wert des Bitcoins hat sich seit der Pleite von Mt. Gox 2014 vervielfacht, was auch für die gesperrten oder entwendeten Bestände gilt.
Zudem berichtete das Branchenmedium «Coindesk» Mitte Februar, dass zwei grosse Gläubiger – die eingegangene neuseeländische Krypto-Börse Bitcoinica und MtGox Investment Funds – ihre Auszahlung in Bitcoin erhalten wollen. Diese Bestände werden also schon einmal nicht in den Handel gelangen. Auf diese Nachricht hin sprang der Bitcoin-Kurs kurzzeitig auf über 25 000 Dollar, den höchsten Stand seit August 2022 oder vor dem Kollaps von FTX.
Rally steht auf wackligen Beinen
Das Anfang Jahr gestartete Rally beim Bitcoin wurde durch Mt. Gox also nicht unmittelbar gefährdet. Der Bitcoin hat seit Januar über 40 Prozent zugelegt, und auch andere Krypto-Assets wie Ethereum oder der Binance Coin notieren deutlich höher. Abgesehen von technischen Faktoren wie Deckungskäufen durch Hedge-Funds ist unklar, was die Zuversicht der Anleger nährt, zumal der Krypto-Hausse im Gleichschritt mit den Aktienmärkten im Februar die Puste ausgegangen ist.
Angesichts des fragilen wirtschaftlichen Umfelds, der hartnäckigen Inflation und der weiter steigenden Zinsen steht das jüngste Rally in risikoreichen Anlagen wie Kryptowährungen sowieso auf wackligen Beinen. Hinzu kommt, dass sich gemäss Marktbeobachtern die Liquidität im Handel mit Bitcoin und Ethereum in jüngster Zeit stark verringert hat. Sie begann bereits nach dem FTX-Kollaps abzunehmen.
Liquidität ist nötig, damit der Markt grössere Kauf- oder Verkaufsvolumen absorbieren kann. Einerseits sollen sogenannte Market Makers Positionen heruntergefahren haben, um ihre Risiken zu mindern. Market Maker agieren als Gegenpartei für Trades und sorgen so für genügend Liquidität. Andererseits sind verschreckte Krypto-Anleger nach FTX zu dezentralen Tauschplätzen abgewandert. Anleger sollten sich also auch auf höhere Volatilität einstellen.
Ob für die Geschädigten der Pleite das Mt.-Gox-Kapitel dieses Jahr geschlossen werden kann, ist offen. Zwar sind erste Rückzahlungen für Ende September vorgesehen, die japanischen Treuhänder haben dieses Datum im Verfahren aber immer wieder nach hinten geschoben.
Author: Benjamin Hubbard
Last Updated: 1702648921
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